Eine Pflanze auf Kuba lockt Fledermäuse mit einem Blatt an, das wie eine Satellitenschüssel geformt ist

Wenn es darum geht, die eigene Fortpflanzung zu sichern, sind Pflanzen äußerst erfindungsreich. Um sich bestäuben zu lassen, imitieren sie für Käfer Kopulationspartner, bieten Vögeln Nektar und Schmetterlingen Landeplätze, locken Bienen mit bunten Blüten oder Fliegen mit Aasgeruch. Einige Regenwaldpflanzen haben auch Fledermäuse in ihren Dienst gestellt. „Es gibt in Süd- und Mittelamerika ungefähr 40 Arten hoch spezialisierter Blütenfledermäuse und mehrere hundert Pflanzenarten, die sich an die Tiere angepasst haben“, sagt der Biologe Ralph Simon von der Universität Ulm.

Fledermaus Pflanze EchoSolche Pflanzen blühen meist nachts an langen Stielen, bieten den großen Tieren viel Nektar und sind weit geöffnet, um den Zugang zu erleichtern. Simon und Kollegen an der Universität Erlangen haben nun erstmals nachgewiesen, dass solche Fledermausblüten auch Signale für die Echoortung entwickelt haben, damit die Tiere sie leichter finden.
Die Wissenschaftler entdeckten über den Blütenständen der kubanischen Kletterpflanze Marcgravia evenia ein spezielles Blatt, das wie eine Satellitenschüssel geformt ist. „Dieses Blatt reflektiert für viele verschiedene Richtungen ein lautes und konstantes Echo und ist deshalb für Fledermäuse besser zu orten als ein normales Laubblatt“, sagt Simon, einer der Autoren der Studie. „Es hat gewissermaßen eine andere Klangfarbe als die umgebende Vegetation.“

„Die Akustik in einem Wald ist die Hölle“, erläutert der Biologe Jürgen Tautz von der Universität Würzburg. Die meisten Echos von Pflanzen seien zufällig und änderten sich ständig, während das Tier durch den Wald fliege. Darum sei ein Blatt, dass aus verschiedenen Richtungen denselben Schall zurückwerfe, sehr hilfreich.
Tatsächlich brauchten Fledermäuse im Labor nur halb so lange, um eine Belohnung (einen Schluck Zuckerwasser) zu finden, wenn der Behälter mit der Nachbildung eines solchen Blattes ausgestattet war. Ein normales Blatt verkürzte die Suchzeit dagegen kaum, schreiben die Forscher im Fachblatt „Science“.

Die Schlussfolgerung der Biologen: Marcgravia evenia lotst die Fledermäuse förmlich zu sich. Das spare den Fledermäusen viel Suchen und sichere die Bestäubung der seltenen Pflanzen. „Das ist ein interessantes Beispiel für die Ko-Evolution zwischen spezialisierten Blütenpflanzen und deren tierischen Bestäubern, für das sich Darwin begeistert hätte“, sagt der Evolutionsbiologe Ulrich Kutschera von der Universität Kassel.

Schon frühere Forschungsarbeiten hatten gezeigt, dass manche Fledermausblüten Merkmale haben, die es den Tieren mit Echoortung erleichtern sich richtig vor der Blüte zu positionieren. „Aber dieses Blatt ist wie ein riesiges Neonschild über einem Restaurant“, sagt Brock Fenton, ein Fledermausforscher von der Universität von Western Ontario in London, Kanada. Es stellten sich nun einige interessante Fragen, sagt Fenton. Zum Beispiel die, ob die Pflanzen das Blatt nur dann präsentierten, wenn sie gerade blühen. „Wenn ein Restaurant zumacht, schaltet es ja auch das Neonschild aus.“