Das RKI rät, vorerst keine rohen Tomaten, Salatgurken oder Blattsalate zu essen. Warum?

So schnell hatte dann doch niemand mit einem Ergebnis gerechnet. Kaum einen Tag, nachdem Mitarbeiter des Robert-Koch-Instituts (RKI) in Hamburg EHEC-infizierte und gesunde Menschen befragt haben, stehen drei Lebensmittel als Hauptverdächtige für den schweren Ausbruch des Darmkeims fest: Tomaten, Salatgurken und Blattsalate.

Aber was genau haben die Forscher gemacht? Wie haben sie die Lebensmittel identifiziert?

Die RKI-Experten haben Detektivarbeit im Zeitraffer geleistet. Noch am Freitag hatte ein vierköpfiges Team nach den ersten Berichten über eine Häufung von EHEC-Fällen begonnen, in Hamburg Patienten zu fragen, was sie in den vergangenen Tagen gegessen hatten. Mit Hilfe der Antworten war dann der Fragebogen verfeinert worden, um eine größere Gruppe von Menschen gezielt befragen zu können. Die zu Grunde liegende Idee ist simpel: Finde heraus, was die Kranken gegessen haben und die Gesunden nicht, und du hast die Quelle.

Ein Team aus 15 Mitarbeitern befragte dann am Dienstag an Hand des neuen Fragebogens 121 Frauen in Hamburg: 25 waren Patientinnen, die an EHEC erkrankt waren, die anderen 96 stammten aus denselben Wohngebieten, waren aber nicht erkrankt. Die Wissenschaftler befragten nur Frauen, weil diese besonders häufig betroffen waren. „Außerdem ist die Aussagekraft der Studie so stärker, weil die Unterschiede, die geschlechtsabhängig sind, wegfallen“, erklärt Gérard Krause, Leiter der Infektionsepidemiologie am RKI.

Während die Interviewer sich auf den Rückweg machten, wurden die ausgefüllten Fragebögen Blatt für Blatt an das RKI gefaxt und dort bis tief in die Nacht in die Computer eingegeben. Die rechneten dann gestern den Großteil des Tages die Daten durch, ehe das Ergebnis feststand: Kranke Frauen hatten deutlich häufiger rohe Tomaten, Salatgurken und Blattsalate gegessen als gesunde Frauen.

Am deutlichsten fiel das Ergebnis bei Tomaten aus: 92 Prozent der Infizierten hatten in den Tagen vor der Erkrankung rohe Tomaten gegessen. Unter den Gesunden waren es nur etwa 60 Prozent. „Für ein Lebensmittel, das so häufig gegessen wird, ist das ein großer Unterschied“, sagt RKI-Experte Klaus Stark.

Die Ergebnisse für Salatgurken und Blattsalate fielen jeweils etwas schwächer aus. Auch hier waren die Unterschiede aber so groß, dass sie höchstwahrscheinlich nicht durch Zufall zu erklären sind. Deshalb empfahlen RKI und Bundesanstalt für Risikobewertung (BfR) am Abend auf einer gemeinsamen Pressekonferenz, bis auf weiteres rohe Tomaten, Gurken und Salate von der Speisekarte zu streichen.

Noch gibt es einige Fragezeichen. Es sei noch nicht klar, ob eines oder mehrere dieser Lebensmittel Ursache der Infektionen seien, sagte RKI-Präsident Burger. „Es ist auch nicht auszuschließen, dass auch andere Lebensmittel noch als Infektionsquelle infrage kommen.“ Da die Untersuchung in Hamburg durchgeführt wurde, ist es theoretisch außerdem denkbar, dass anderswo andere Lebensmittel den EHEC-Keim übertragen. Insgesamt ist sich das Institut aber sicher, auf der richtigen Spur zu sein.

Die Pressekonferenz war auch eine Art Staffelübergabe. Die Suche nach der Quelle der Infektion hänge jetzt an den Lebensmittelexperten, sagte RKI-Experte Stark. Damit rückt das BfR in den Mittelpunkt des Interesses, das für die Untersuchung von Lebensmitteln verantwortlich ist.