Um Salz wurden schon Kriege geführt. Ich meine jetzt nicht das Beziehungsdrama, das sich in deutschen Esszimmern entspannt, wenn der Partner zum Salzstreuer greift, weil das Abendessen „noch ein bisschen Salz verträgt“.

Ich meine echte Kriege: 1540 zum Beispiel, als die Einwohner von Perugia sich gegen eine neue Salzsteuer zur Wehr setzten und Papst Paul III. den Widerstand niederschlug. Oder 1611 zwischen dem Erzbistum Salzburg und dem Herzogtum Bayern.

Streut Zweifel. (Foto: Wikimedia)

Streut Zweifel. (Foto: Wikimedia)

Heute verlaufen die Fronten scheinbar anders, nicht Mensch gegen Mensch, sondern Mensch gegen Salz. Public-HealthExperten haben dem Natriumchlorid längst den Krieg erklärt. Der Grund: Zu viel Salz in der Nahrung lässt den Blutdruck steigen. Und ein hoher Blutdruck bedeutet langfristig ein höheres Risiko etwa einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt zu erleiden. Darum fordern Mediziner, dass wir alle unseren Salzkonsum reduzieren sollten. Ihr Motto: Je weniger Salz, umso besser.

Doch der Schein trügt. Auch in der Wissenschaft tobt ein regelrechter Salzkrieg, Mensch gegen Mensch. Eine ganze Reihe Forscher nährt immer wieder Zweifel an der Weisheit der radikalen Salzreduktion. Tatsächlich gibt es für fast jede Studie, die einen gesundheitlichen Nutzen durch weniger Salz nahelegt, eine andere Studie, die keinen Effekt findet – zum Unmut der Salzwidersacher. Kaum eine andere Auseinandersetzung um Ernährung wird so verbittert geführt.

Nun streut ein neuer Bericht des US-amerikanischen „Institute of Medicine“ Salz in die Wunde. Die Wissenschaftler waren von der Seuchenschutzbehörde CDC angewiesen worden, die Daten auszuwerten, die einen direkten Zusammenhang zwischen Salzkonsum und kardiovaskulären Erkrankungen belegen. Studien, die lediglich zeigen, dass der Blutdruck sinkt, sollten sie also außer Acht lassen.

Das Ergebnis der Experten: Die Salzzufuhr auf 6 Gramm (etwa ein Teelöffel) zu reduzieren, bringt tatsächlich Vorteile für das Herzkreislaufsystem. Darunter gebe es allerdings keine Hinweise auf einen Nutzen. „Im Gegenteil, es gibt Hinweise, dass eine noch geringere Salzzufuhr mehr schadet“, sagt Brian Strom, der die Kommission geleitet hat. Pikanterweise empfehlen offizielle Stellen in den USA aber auch in Deutschland allerdings den Salzkonsum auf fünf, vier oder noch weniger Gramm zu reduzieren.

„Ich bin überzeugt davon, dass eine moderate Reduktion sinnvoll ist“, sagt der deutsche Epidemiologe Ulrich Keil. Schließlich verzehren deutsche Männer im Schnitt fast neun Gramm Salz am Tag. (Frauen liegen nur knapp über sechs Gramm am Tag.) Ob eine weitere Reduktion sinnvoll sei, sei schwerer zu beantworten, sagt Keil.

Wer bei seiner Ernährung also darauf achtet, ein bisschen weniger Salz zu sich zu nehmen, der macht im Zweifelsfall nichts falsch. Aber den Salzstreuer gleich ganz zu verbannen, dafür gibt es keinen Grund. Zum einen, weil man es womöglich übertreiben kann mit der Reduktion. Zum anderen, weil drei Viertel des Salzes, das wir zu uns nehmen, in Lebensmitteln wie Brot und Wurst und im Restaurantessen stecken. Das eigene Nachsalzen ist dagegen eher unwichtig. Es sei denn, es geht darum, zu Hause einen Rosenkrieg zu vermeiden.